Düsseldorf, Juni 2016.
Tatjana von Stiegler
Selbstoptimierung im Coaching - Reines Marketing?
Selbstoptimierung ist zur Zeit ein Schlagwort gerade für den Bereich Coaching und Kommunikationstraining.
Selbstoptimierung bedeutet Korrektur des Selbst, somit des ICH, also der Persönlichkeit. Laut Dorsch, psychologisches Wörterbuch, bezeichnet Persönlichkeit ein bei jedem Menschen einzigartiges, relativ stabiles und zeitlich überdauerndes Verhaltenskorrelat. Um die Persönlichkeit eines Menschen, deren Merkmale und das daraus resultierende Verhalten nachempfinden zu können, bedarf es einer guten und zugewandten Beziehungsarbeit zwischen dem Rat- und Hilfesuchendem und dem Professionellen, sowie Zeit!
Ich persönlich empfinde diesen Begriff als schwierig, denn er offeriert eine Zielerreichung, die im Coaching und Training meines Erachtens nach nicht gewährleistet werden kann und dort auch nicht hingehört.
Selbstoptimierung stellt für mich eine Umprogrammierung der gesamten Persönlichkeit dar und es kann somit der Eindruck geweckt werden, dass der aufgesuchte Coach/ Trainer alte Programme löscht und durch neue ersetzt. Häufig entspringen Persönlichkeitsmerkmale, welche von der Person selbst oder der Umgebung als störend empfunden werden, einer tiefen Unsicherheit sich selbst gegenüber oder einer Prägung über einen langen Zeitraum. In der langen Prägung wird mit die Ursache für das Entstehen von Persönlichkeitsstörung gesehen. Eine verzerrte Wahrnehmung auf sich selbst, die Umgebung, das Denken, Fühlen und schlussendlich Handeln ist die Folge.
Dies lässt sich nicht in einem von vorne herein zeitlich begrenzten Rahmen optimieren und sozusagen „weg machen“.
In unserer schnelllebigen Gesellschaft mag dieses „Angebot“ als Marketing Massnahme durchaus erfolgreich sein, aber es kann auf lange Sicht gesehen mehr Schaden anrichten, als es kurzfristig an Nutzen gebracht hat.
Sollten diese kurzfristigen Interventionen nämlich nicht zu einer überdauernden positiven ganzheitlichen Veränderung führen, kann die Frustration so groß werden, dass die betroffenen Personen sich auch in keine therapeutische Arbeit – welche von vorne herein sinnvoll gewesen wäre – mehr begeben, da Sie glauben, sie seien in sich unabänderlich.
Ich bin selbst als Coach und GSK-Trainerin tätig. Bei dem GSK-Training handelt es sich um ein wissenschaftlich evaluiertes Verfahren aus dem Bereich des Verhaltenstrainings, welches durchgeführt eine Verbesserung der sozialen Kompetenzen mit sich bringt.
Voraussetzung hierfür ist, dass die Teilnehmer die gemeinsam erarbeiteten neuen Ansätze in Ihren Alltag übertragen und sozusagen üben.
Das GSK-Training bringt schnell eine Verbesserung für die soziale Interaktion und birgt durchaus das Potential über einen längeren Zeitraum, gerade über eine Stärkung des Selbstwertgefühls, einzelne Persönlichkeitsmerkmale positiv mit zu beeinflussen. Ich würde aber selbst bei diesem wissenschaftlich anerkannten Training niemals von Selbstoptimierung sprechen, sondern von Überarbeitung einzelner Persönlichkeitsanteile. Eine Überarbeitung einzelner Verhaltensweisen und damit auch Persönlichkeitsanteile, z.B. für berufliche Aufgaben findet gute Möglichkeiten im Coaching und Training.
Entsteht einem Menschen jedoch Leidensdruck aufgrund des inneren Erlebens seiner Persönlichkeit in weiten Teilen oder sogar in Gänze, sowie bezogen auf die Interaktion mit anderen, ist es sinnvoll Zeit und Ruhe in therapeutische Gespräche zu investieren, um zu schauen, wo eine Veränderung im Umgang und Erleben mit sich selbst und der Umgebung erfolgen könnte, aber auch wieder einen Blick auf das innewohnende Potential zu bekommen, damit sich ein mehr an Lebensqualität und Wohlbefinden einstellt und dies dauerhaft.
Jeder Mensch ist zur jeder Lebenszeit wandelbar!